Kleine Honigkunde für Veganer

Diesen Artikel möchte ich gerne schreiben, da ich in letzter Zeit öfter diverse Aussagen von Veganern gehört habe, die teilweise recht haarsträubend sind. Dabei geht es darum, dass Imker Tierquäler sind, Bienen absichtlich getötet werden und die Honigernte den Bienen das wegnimmt, was diese dringend brauchen, denn warum sollten sie diesen sonst sammeln.

Dabei geht es mir nicht darum Veganer generell zu verurteilen. Es ist sehr schön und leider viel zu selten, dass Menschen sich über den Umgang mit Tieren Gedanken machen und ihre eigene Lebensweise dementsprechend anpassen. Es ist auch dringend notwendig zu handeln, doch bei manchen Dingen sollte man sich genauer informieren, bevor man Imker und ihre Arbeit verurteilt. Klar gibt es Imker, die besser nicht in diesem Gewerbe arbeiten sollten.  Vor allem handelt es sich dabei um Großbetriebe, wie sie hauptsächlich im amerikanischen Raum vorkommen, jedoch gibt es in jeder Branche schwarze Schafe. Man kann nicht aufgrund weniger schlechter Imker alle anderen mit verurteilen.

Daher schreibe ich diesen Artikel, um aufzuklären über die Irrtümer, die im Netz verbreitet werden. Denn Fakt ist: Bienen sind wichtig – Vor allem für Veganer!

Albert Einstein hat das schon damals verdeutlicht: „ Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben; keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr …“ Und diese Aussage gilt auch heute noch! Denn die Biene ist das drittwichtigste Nutztier der Welt. Sie ist für mindestens 80 Prozent der Bestäubung heimischer Blütenpflanzen verantwortlich. Das heißt vor allem für Veganer: Wenn die Biene nicht mehr existiert, dann verschwinden Obst, Wildpflanzen und die meisten Gemüsesorten und somit so gut wie alles, was Veganer essen dürfen.

Die meisten würden nun behaupten: Dann lasst die Bienen doch in Ruhe ihre Arbeit leisten und stört sie nicht weiter! Das Problem ist nur, dass die Biene ohne den Imker keine Überlebenschance mehr hat in der freien Wildbahn.  Das liegt allerdings an vielen Dingen: Zum einen finden Bienen in unseren aufgeforsteten Wäldern keine Nistmöglichkeiten mehr, da es keine hohlen oder kranken Bäume mehr in unseren Wäldern gibt. Zum anderen werden die Bienen durch verschiedene Krankheiten und Parasiten bedroht, die aus anderen Ländern eingeschleppt wurden und gegen die Bienen ohne den Imker einfach machtlos sind. Zuletzt werden die Bienen bei uns auch deshalb immer weniger, weil es immer weniger Imker gibt.

Ich hoffe, dass dies zeigt, dass  es nicht einfach damit getan ist zu sagen, Bienenhaltung sollte abgeschafft werden. Vor allem Veganer sollten sich dafür einsetzen, dass Bienen gehalten werden. Klar, sie sollten artgerecht gehalten werden, aber komplett ohne Bienen geht es nicht, denn ohne Imker hätten auch Veganer nichts zu essen.

Nachdem die grundsätzliche Wichtigkeit der Biene und der Arbeit des Imkers geklärt ist, möchte ich einige Aussagen, die ich im Netz gefunden habe, korrigieren. Hier kommen die interessantesten Aussagen, die ich revidieren möchte:

1. Bienenhaltung ist Massenhaltung

Alleine diese Aussage zeigt schon, wie wenig manche Menschen doch wissen und wieviel Blödsinn im Netz verbreitet wird. Wenn man sich mit den natürlichen Gewohnheiten von Bienen beschäftigt, wird man wissen, dass Bienen grundsätzlich und ausschließlich in Schwärmen oder Völkern vorkommen. Einzelne Bienen, die man draußen antrifft sind einzelnde Arbeiterinnen aus Völkern oder Vertreterinnen von Wildbienenarten, denn nur Wildbienen leben nicht in Völkern. Der Grund für das Leben mit vielen Bienen ist einfach. Im Winter kann man sich wärmen und im Sommer kann die anfallende Arbeit im Volk perfekt verteilt werden. Die Anzahl der Bienen in einem Volk bestimmt auch nicht der Imker, denn es hängt einzig und alleine von der Königin ab und von der Anzahl der Eier, die diese legt. Da eine Königin (auch wenn sie in freier Wildbahn wäre) im Sommer bis zu 2000 Eier pro Tag legt, kann man sich vorstellen, wieviele Bienen daraus resultieren. Mit Massenhaltung hat das jedoch nichts zu tun.

Auch werden die Biene nicht in Magazine gesperrt! Hätten sie die Wahl, dann gehen sie automatisch dorthin, wo es sicher und trocken ist und das ist es in den Behausungen, die Imker ihnen anbieten. Die Lebensbedingungen sind in den Kästen genauso wie sie in der freien Wildbahn sind. Kein Imker kann seinen Bienen vorschreiben, wie sie ihren Stock genau aufbauen sollen. Der Aufbau geschieht genauso, wie er in der freien Wildbahn in einem hohlen Baum erfolgen würde. Der Abstand und die Form der Waben, was mit den einzelnden Waben geschieht und ob sie drinnen oder draußen sein wollen, dass bestimmen Bienen alles selber.

2. Bienen brauchen ihren Honig selber. Der Imker stielt ihn!

Zu allererst einmal: Klar, Bienen brauchen ihren Honig! Sie sammeln ihn auch nicht zum Spaß. Er dient ihnen sowohl im Sommer, als auch im Winter als Nahrung. Die Flugbienen fliegen pro Tag bis zu 40 Millionen Blüten an um Nektar zu sammeln, geben diesen immer weiter an andere Arbeiterinnen und verwandeln ihn auf diese Art nach und nach in guten Honig.

Betrachtet man nun jedoch die heutigen Honigbienen, so muss man feststellen, dass ein starkes Bienenvolk pro Jahr etwa 140kg Honig produziert. Von dieser Menge verbrauchen sie etwa 80kg selber, beispielsweise für das Heizen ihres Stockes, die Aufzucht des Nachwuchses, die Wachsproduktion oder einfach als Nahrung für die erwachsenen Bienen. Es bleiben also etwa 60kg Honig übrig als Wintervorrat, von dem aber nur etwa 25kg verbraucht werden. Die restlichen 35kg sind für die Bienen überflüssig, denn sie sammeln so viel und so lange sie können. Wann sie genug haben wissen sie nicht. Würde der Imker nun nicht kommen und den überflüssigen Honig ernten, würden die Bienen allen Platz, der ihnen zur Verfügung steht mit Honig auffüllen, was dazu führen würde, dass die Königin im Stock keinen Platz mehr findet um Eier zu legen. Daraufhin würde die Anzahl der Bienen im Volk immer kleiner werden, da weniger Bienen nachkommen und auch weniger Mäuler fressen. Am Ende würde das Volk am zu viel gesammelten Honig zugrunde gehen. Daher ist ein Imkern ohne Honigentnahme nicht möglich.

Auch gibt es immer wieder Diskussionen, dass Imker zu viel Honig von ihren Bienen entnehmen und mit Zuckersirup auffüttern. Es ist schlecht möglich den Bienen allen Honig zu entnehmen, daher behalten Bienen immer einen Teil ihres Honigs für sich als Winterration. Ein Auffüttern mit Sirup oder Zucker stört die Tiere, entgegen vieler Meinungen, nicht. Das was im Winter benötigt wird ist Energie und die liefert Zucker genauso. Hätten Bienen die Wahl, würden sie auch das nehmen, für das sie weniger arbeiten müssen, und das wäre in dem Fall Zuckersirup.

3. Imker reißen den Bienen Flügel und Beine aus

Es gibt Imker, die ihren Königinnen einen Teil eines Flügels abschneiden, um sie am Schwärmen zu hindern. Ausgerissen werden Flügel nicht, da die Gefahr zu groß ist, dass Königinnen durch Folgeverletzungen sterben. Das Ausreißen von Beinen hat überhaupt keinen Sinn? Warum sollte sich ein Imker diese Arbeit machen? Daher: Das macht kein Mensch. Zu sagen ist, dass in der ökologischen Imkerei jegliche Verstümmelung, also auch das Beschneiden der Flügel, absolut tabu und verboten ist.

4. Honig enthält Rückstände von Antibiotika

Diese Aussage kann so nicht stehen gelassen werden. Richtig ist, dass von Imkern verschiedene Mittel zur Bekämpfung der Varroa-Milbe eingesetzt werden. Unter anderem wird von einigen Imkern ein Mittel wie beispielsweise Perizin eingesetzt. Dieses ist aber, auch wenn Rückstände davon im Wachs und Honig befinden können, kein Antibiotikum. Vor einigen Jahren wurden zur Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut (eine Bienenkrankheit) teilweise Antibiotika eingesetzt. In Deutschland ist dies jedoch inzwischen verboten.  Der Großteil der Imker verwendet zur Bekämpfung nur organische Säuren, wie Oxalsäure oder Ameisensäure (nicht aus Ameisen hergestellt!), welche übrigens auch natürlicherweise im Honig vorkommen. In Honigen aus Deutschland sind also ganz sicher keine Antibiotika.

5. Honig ist genauso ungesund wie Zucker

Diese Aussage ist grundsätzlich falsch! Nicht ohne Grund zählt Honig schon seit Jahrtausenden zu den wertvollsten Arznei- und Heilmitteln. Die mehr als 20 verschiedenen Zuckerarten im Honig sind nämlich keine Polysaccharride, wie Rohr- oder Rübenzucker, sondern Einfachzucker. Diese werden vom Körper leichter aufgenommen und verdaut. Von den Vitaminen, Mineralstoffen etc. ganz abgesehen. Honig wirkt auch äußerlich, beispielsweise zur Unterstützung der Wundheilung.

6. Bienen werden bei der Honigernte getötet

Zuerst einmal: Kein vernünftiger Imker würde mit Absicht Bienen töten! Was für einen Sinn hätte das? Lebende Bienen braucht es zum Honig sammeln, Tote können das nicht mehr.

Um beim Schleudern des Honigs keine Bienenlarven oder –puppen zu töten, entnimmt der Imker dem Volk nur die obersten Waben. Bienen lagern von Natur aus den Honig nur ganz oben im Stock ab. Ist Brut auf Honigwaben, so werden diese im Volk belassen, denn diese sind das eigentlich Wertvolle im Stock (noch wertvoller als der Honig!). Denn von dieser Brut hängt die Entwicklung, die Überwinterung und damit der Fortbestand des Volkes ab. Keine Brut, kein Volk, kein Honig. Daher würde ein Imker mit guter fachlicher Praxis diese Waben niemals entnehmen. Da also auf Honigwaben keine Brut ist, wird diese bei der Honigernte auch nicht getötet.

Was in seltenen Fällen vorkommen kann, ist, dass bei der Entnahme oder beim Wiedereinsetzen der Honigwaben einzelne Bienen versehentlich zerdrückt werden. Auch wenn ein Imker gestochen wird, verliert eine Biene ihr Leben. Aber im Verhältnis zur Gesamtzahl der Individuen ist die Anzahl der Opfer extrem gering!

Vergleichbar wäre das mit einem Gang zum Salatbeet, auf dem man aus Versehen einen Käfer zertritt – dann wäre der Kopfsalat auch nicht mehr vegan. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass bei der industriellen Produktion veganer Lebensmittel in weitaus größerem Umfang Tiere unbeabsichtigt verletzt oder getötet werden als bei Imkern. Und sei es der Feldhase, der dem Mähdrescher nicht mehr entkommen kann …

Zusätzlich verwenden Imker zum Schutz der Bienen bei der Honigernte sogenannte Bienenfluchten. Das ist eine Art Trennwand zwischen den Honig- und den Brutwaben. Sie wird am Tag vor der Honigernte eingesetzt und leitet die Bienen alle nach dem „Irrgarten“-Prinzip vom Honig- in den Brutraum. Den umgekehrten Weg finden die Bienen nicht. Auf diese Weise ist am nächsten Tag der Honigraum bienenfrei und die Bienen bekommen gar nicht mit, dass sie einen Teil ihres Honigs verlieren – ohne Stress, ohne Stiche, ohne Störung für die Bienen.

7. Der Imker benutz Rauch, um die Bienen damit zu betäuben …

… was häufig sogar zum Tod der Bienen führt. Diese Aussage ist falsch. Tatsache ist, dass Bienen den Rauch als nahenden Waldbrand interpretieren und sich bereit machen die Behausung notfalls zu verlassen. Dazu nehmen sie so viel Proviant auf, wie sie tragen können. Mit einer Biene, die den Bauch voll hat, ist es dabei genauso wie bei einem satten Menschen: Sind wir satt, werden wir müde und träge. Daraufhin fliegen die Bienen mit ihrer gesicherten Beute erst einmal hinaus, denn so könnten sie sich bei einem Waldbrand retten. Der Vorteil für den Imker: Satte Bienen sind ruhiger und stechen bedeutend seltener, aber schädlich ist er für die Bienen nicht.

8. In kalten Gegenden brennen Imker ihre Völker ab, weil es zu teuer wäre, sie zu überwintern

Um zu zeigen, wie blödsinnig diese Aussage ist, rechne ich euch das einmal kurz vor: Ein ganzes Bienenvolk kostet etwa 150€. Dazu kommen die Kosten für die Bienenwohnung von etwa 100€. So kommt man bei der Neuanschaffung eines Volks etwa auf 250€. Bei den Kosten für die Einwinterung spricht man von etwa 25kg Zucker, was weit mehr wäre als nötig, um ein starkes Volk einzuwintern. Die Kosten hierfür belaufen sich auf etwa 20€. Hier sieht man, wie unlogisch diese Idee ist. Dazu kommt, dass man sich durch den Kauf von neuen Bienen immer neue Krankheiten auf einen Bienenstand holen kann. Daher würde kein Imker alle seine Völker im Herbst vernichten.

 

So … ich hoffe, dass ich mit diesem Artikel die meisten Aussagen gegen Imkerei revidieren konnte, und dass auch Veganer erkennen, dass Imker wichtig sind für ihre Lebensweise!

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